GC INSIDER: Früher war Hockey ein typischer Jungensport, mittlerweile ist das Geschlechterverhältnis relativ ausgewogen. Landhockey scheint aber schon früh Mädchen und Frauen angezogen zu haben: Vor über hundert Jahren gründeten ein paar Frauen mit GC Landhockey die vierte GC Sektion. Ist Landhockey bei Frauen beliebter als Uni- oder Eishockey?
Laura Poulastrou: Da bin ich mir nicht ganz sicher. Ich kann mir aber vorstellen, dass es die Mädchen schätzen, dass im Landhockey kein Körperkontakt erlaubt ist. Vielleicht ist das etwas klischeehaft, aber mir gefällt es, dass man – anders als im Uni- oder Eishockey – den Ball nur mit dem Schläger spielen und den Gegner beispielsweise nicht mit den Schultern vom Ball fernhalten darf.
Trotzdem konnten Mädchen lange nicht mehr erfolgreich in Teams bei GC Landhockey integriert werden. Weshalb?
Als ich vor über 30 Jahren zu GC kam, gab es mehrere Herrenteams, ein paar gemischte Teams, aber nur ein Damenteam. Niemand hat sich auf die Entwicklung von Mädchenteams fokussiert, weil sich niemand am Ungleichgewicht gestört hat. Das war nicht nur bei GC so, sondern in allen Schweizer Landhockey-Vereinen. Und weil die Rekrutierung im Landhockey vor allem so läuft, dass die Spieler ihre Freunde zum Training bringen, kamen immer mehr Jungs als Mädchen nach. Deshalb mussten die wenigen Mädchen in der Regel in gemischten Teams spielen, was nicht unbedingt förderlich war. Ich komme aus Argentinien, wo es genau umgekehrt ist. Da spielen die Mädchen von klein auf in Mädchenteams.
Wieso funktioniert es nicht, dass Mädchen gemeinsam mit Jungs im selben Team spielen? Sind die körperlichen Voraussetzungen tatsächlich so unterschiedlich oder ist es eher so, dass Mädchen zurückhaltender sind und sich weniger zutrauen?
Es trifft beides zu. Bis in die Pubertät sind die athletischen Unterschiede zwischen Mädchen und Jungs nicht so gross, bei U18-Teams sind die Jungs den Mädchen körperlich aber bereits überlegen. Es gibt hin und wieder trotzdem Mädchen, die in gemischten U18-Teams spielen und mithalten können. Allerdings ist ihre Rolle in einem gemischten Team ganz anders als die Rolle, die sie in einem Mädchenteam hätten: Während sie unter Jungs «nur» mithalten können, würden sie in einem Mädchenteam meistens zu den Besten gehören. Das ist natürlich entscheidend für die Entwicklung der Mädchen. Es ist wichtig, dass sie ihre Rolle in einem Mädchenteam früh finden, auch damit wir später im Frauenteam eine gewisse Qualität erreichen.
Deshalb habt Ihr im Sommer 2023 die Hockey Girls Academy Zürich gegründet. Wie lief das Projekt damals an?
Zu Beginn war es sehr harzig. Wir haben mit der Zusammenarbeit mit der benachbarten Schule am Wasser gestartet: Auf unsere Anfrage hat die Schule damals einen Landhockey-Schulsportkurs angeboten, zu dem sich aber nur vier Mädchen anmeldeten. Nachdem wir den Kurs auch auf unserer Webseite ausgeschrieben hatten, kamen noch zwei Mädchen dazu. Das Ziel der Hockey Girls Academy war, Raum für Anfängerinnen zu schaffen. Denn da es damals nur vereinzelt neue Spielerinnen – und auch Spieler – gab, mussten sie immer gleich mit den Erfahrenen mitspielen, was natürlich zu Frust geführt hat. Das hielten nur wenige durch. Zudem haben wir die Academy nicht nur für GC Landhockey, sondern grundsätzlich zur Förderung der Mädchen im Schweizer Landhockey gegründet. Die Mädchen dürfen sich nach ihrer Zeit in der Academy natürlich auch für einen anderen Verein entscheiden.
Die «Girls Academy» erhält vom Mädchenförderprojekt «Atleta» des Zürcher Sportamts einen Unterstützungsbeitrag. Wie setzt Ihr dieses Geld ein?
Wir benötigen das Geld unter anderem für die Entschädigung der Trainerinnen und Trainer, für Werbung und für Events. Events sind zum Beispiel wichtig als Anreiz, damit die Spielerinnen bei uns bleiben. Im Projektantrag, den wir damals für den Unterstützungsbeitrag eingereicht hatten, haben wir übrigens das Ziel von 20 Teilnehmerinnen gesetzt, was wir diesen Sommer erreicht haben.
Ihr habt die Teilnehmerzahl also innert zwei Jahren mehr als verdreifacht…
Bereits nach einem halben Jahr hatten sich die Teilnehmerinnen verdoppelt und im Sommer 2025 hatten wir sogar bis zu 22 Mädchen in der Academy. Nach den Sommerferien ist die Zahl zwar wieder geschrumpft, weil wir acht Mädchen in unseren Verein holen konnten. Das übertrifft unser Ziel von vier Spielerinnen, die wir jedes Jahr bei GC Landhockey integrieren möchten und hat es uns ermöglicht, diesen Sommer erstmals ein U12-Mädchenteam zu gründen. Mittlerweile befindet sich das Team mitten in der Meisterschaft. Zwar ist noch kein Tor gefallen, aber die Mädchen sind motiviert und haben Spass.
An den olympischen Spielen 2024 starteten zum ersten Mal gleich viele Athletinnen wie Athleten. Haben Frauen heute im Sport die gleichen Chancen wie Männer oder gibt es Deiner Meinung nach immer noch Aufholbedarf?
Bei vielen Sportarten gibt es durchaus noch Aufholbedarf. Es gibt beispielsweise kein Land, in dem gleich viele Frauen wie Männer Fussball spielen. Beim Landhockey verhält es sich zum Glück etwas anders, unter anderem in den Niederlanden oder eben in Argentinien sind die Frauen zum Teil sogar bessergestellt als die Männer. Ich merke aber immer noch, dass auch die Eltern eher ihre Söhne im Sport fördern als ihre Töchter. Die Mädchen sollen lieber tanzen oder Geige spielen. Es hat sich aber schon verbessert, seit ich selbst ein Kind war. Ich hoffe, dass die Frauen im Sport irgendwann auch sichtbarer werden, beispielsweise in den Medien. Denn ich will nicht nur den Männern beim Sport zuschauen können, sondern auch den Frauen.
Pamela Schefer



