COASTAL ROWING-TREND: GC RÜSTET AUF
Das Coastal Rowing – zu Deutsch Küstenrudern – erfreut sich immer grösserer Beliebtheit. Die GC Ruder Sektion zieht mit: Mit vier neuen Booten und der Teilnahme an Coastal Rowing-Kursen und -Wettkämpfen rüstet sich GC für den neuen Rudersport-Trend, der bald olympisch werden könnte.
Flachwasser-Rudern und Coastal Rowing – zwei Varianten des Rudersports wie Tag und Nacht. Während das Boot beim Flachwasser-Rudern fast meditativ über das ruhige Wasser gleitet, steuert der Ruderer beim Coastal Rowing gezielt Wellen und unruhiges Wasser an. Den Nervenkitzel, den man dabei vor allem auf dem offenen Meer findet, wollen sich auch immer mehr erfahrene Regattaruderer nicht entgehen lassen. Ende April fand in Biel der erste Ruderkurs in der Schweiz mit Coastal Rowing-Booten statt. Auch Christoph Braun, der bei GC Rudern für das Material verantwortlich ist, war vor Ort und unterstützte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Ausprobieren der Boote. «Coastal Rowing-Boote sind breiter und als die herkömmlichen Ruderboote», erklärt er. «Das sorgt auf rauer See für mehr Stabilität und ermöglicht das Rudern bei Bedingungen, die mit normalen Booten nicht ruderbar wären.» Die Boote eignen sich dadurch auch für das normale Training bei schlechtem Wetter und sind auch für die Grundausbildung bestens geeignet. Deshalb hat sich GC mittlerweile drei Einer-Boote und ein Zweier-Boot für Coastal Rowing zugelegt hat.
Sperrig, aber sicher und schnell
Bei all den Vorteilen der Coastal Rowing-Boote werden die schmalen Flachwasser-Boote aber nicht durch diese ersetzt. Vielmehr sieht Christoph Braun in Coastal Booten die ideale Ergänzung des Bootsparks: «Sie sind schneller, als man aufgrund ihres Aussehens annehmen würde», weiss er. «Durch die Breite brauchen sie für die Lagerung aber mehr Platz.» Während im Bootshaus bis zu fünf schmale Boote übereinander gelagert werden können, ist Stapeln bei den Coastal Rowing-Booten nicht möglich. «Sie sind wesentlich schwerer als die schmalen und werden daher einzeln auf Transportwagen gelagert.»
Chancen eines Binnenlandes
Coastal Rowing erhielt in den letzten Jahren starken Aufwind. Indem die neuen Boote nicht auf ruhige Gewässer angewiesen sind, eröffnen sich rund um den Globus viele Möglichkeiten. Die neue Ruderdisziplin wird zudem an den Olympischen Spielen in Los Angeles 2028 voraussichtlich erstmals ins Programm aufgenommen. Doch können sich Schweizer Ruderer überhaupt mit Konkurrenten aus Küstenstaaten messen? Zwar liessen sich die Bedingungen, die auf dem Meer herrschten, in der Schweiz kaum simulieren, so Christoph Braun. «Auch der grösste Sturm auf dem Zürichsee verursacht keine Wellen, die mit jenen im Meer vergleichbar wären. Zudem haben wir keine Strömung.» Trotzdem hätten die Schweizer gute Chancen. «Die Clubs in der Schweiz bieten gegenüber jenen an einer Küste eine bessere technische Ausbildung», ist er sich sicher. Denn die Technik lasse sich auf flachem Wasser besser erlernen als auf dem unberechenbaren Meer. «Flachwasserrudern ist vergleichbar mit Rennvelofahren», erklärt Braun. «Und wer Rennvelo fahren kann, kann ohne Problem auf das Mountainbike umsteigen.»
Organisiertes Chaos statt geordnete Bahnen
Beim Coastal Rowing gibt es zwei Wettkampf-Formate: das Langstreckenrennen, bei dem die Boote auf einer Länge von 4 bis 6 Kilometern mehrere Bojen passieren müssen, und den Beach Sprint, bei welchem die Ruderer am Strand zuerst zu den Booten sprinten, bevor sie auf dem Wasser zwei Bojen umrunden und zurück am Strand wieder zur Ziellinie zurücklaufen. Während bei Regatta-Rennen in geordneten Bahnen gerudert wird, herrscht bei Coastal Rowing-Wettkämpfen ein reges Durcheinander: Jedes Boot sucht sich seinen Weg durch Wind und Wellen und versucht, die direkteste Linie zur nächsten Boje zu finden. Dabei gilt es, Kollisionen und Umwege zu vermeiden. Auch Christoph Braun hat sich den Herausforderungen auf dem Meer schon ausgesetzt: In den Jahren 2016, 2019 und 2021 nahm er für GC an den World Rowing Coastal Championships teil und erreichte im Einer in den B-Finals zweimal den 4. und einmal den 15. Rang bei jeweils rund 70 gestarteten Booten. «Coastal Rowing ist in der Schweiz noch eine Nischensportart und es gab bisher noch keine organisierten Wettkämpfe», so Braun. Das ändert sich aber dieses Jahr: Mit zwei eignen Regatten, eine davon als Schweizer Meisterschaft ausgeschrieben, kommt jetzt Bewegung in die Szene. «Ich bin mir sicher, dass die Sportart für viele immer interessanter wird – insbesondere, wenn sie olympisch werden sollte.»
Pamela Schefer