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GC Unihockey | 29.05.2022

DER CUP-SIEG WAR NICHT GENUG: «WIR WOLLTEN DEN WEG UNBEDINGT BIS ZUM ENDE GEHEN»

Die NLA-Herren von GC Unihockey spielen schon seit mehreren Jahren an der nationalen Spitze mit. Zum Meistertitel hat es seit 2016 nicht mehr gereicht. 2022 hat sich das Team nun belohnt und sogar erstmals das Double geschafft. Captain Joël Rüegger und Sportchef Michael Zürcher berichten im Interview, warum es in diesem Jahr geklappt hat, wie sie das Meisterschaftsfinale erlebt haben und wie es mit dem Team weitergeht.


GC INSIDER:
Wie fühlt man sich als Double-Gewinner?

Joël Rüegger: Vor allem erleichtert. Wir spielen nun seit vielen Jahren vorne mit und trotzdem hat es schon einige Jahre nicht mehr für den Schweizermeister-Titel gereicht. Das Double haben wir überhaupt noch nie geholt. Darum ist die Erleichterung gross, dass wir es nun doch geschafft haben.

Michael Zürcher: Die Jungs haben alle extrem hart für diesen Erfolg gearbeitet – nicht nur in dieser Saison, sondern schon in den Jahren davor. Da ist es natürlich besonders schön, dass sie sich nun für ihren riesigen Einsatz belohnen konnten. Ich gönne es jedem einzelnen Spieler von Herzen.

Warum hat es in dieser Saison geklappt? Was war anders als in den Vorjahren?

Joël: Wir haben in den letzten Jahren einen Lernprozess durchlaufen. Während wir früher immer wieder Hänger hatten, konnten wir in dieser Saison das, was wir uns vorgenommen hatten, auch wirklich in jedem Spiel über 60 Minuten durchziehen. Das gleiche gilt für die gesamte Meisterschaft: Wir haben nach der Qualifikation trotz des Drucks den Fokus und die Konzentration nicht verloren.

Michael: Für einen solchen Erfolg muss aber auch sonst vieles zusammenpassen. Nicht alles davon hat man in der eigenen Hand. Zum Beispiel hatten wir das Glück, dass wir immer nur einzelne Corona-Ausfälle hatten und dass die wichtigsten Spieler im Saisonendspurt fit waren. Dadurch konnten die Blöcke so zusammenbleiben, wie sich der Trainer das vorgestellt hatte.

Joël: Gut, dass Du Luan Misini (Trainer) ansprichst. Er ist ja nicht neu, sondern schon seit 10 Jahren mit dabei. Trotzdem schafft er es jedes Jahr wieder, uns bis in die Haarspitzen zu motivieren. Auf diese Saison hin hat er unter anderem dafür gesorgt, dass wir nicht mehr einfach ein System stur in jedem Spiel umsetzen, sondern den Matchplan jeweils leicht an die jeweiligen Gegner anpassen. Diese Anpassung hat auch mitgeholfen, wichtige Spiele zu gewinnen.

Wie schwierig war es nach dem Cupsieg, den Fokus nicht zu verlieren und in den Playoffs weiter hart und konzentriert zu arbeiten?

Michael: Ich habe das Team während der ganzen Saison als sehr hungrig erlebt. Von aussen betrachtet, hatte es absolut keine Mühe, sich nach dem Cup-Erfolg wieder neu zu fokussieren.

Joël: Das kann ich bestätigen. Ausserdem: Der Cup-Sieg war ein toller Erfolg und eine grandiose Erfahrung. Aber unser Hauptziel war von Anfang an der Meistertitel. Niemand von uns hatte nach dem Cup-Sieg oder dem Sieg in der Qualifikation genug – wir wollten den Weg alle unbedingt bis ans Ende gehen.

Ende April habt ihr im umkämpften Superfinal gegen Wiler-Ersigen den Meistertitel gewonnen. Wie habt ihr den Tag erlebt?

Michael (lacht): Das muss nun wirklich Joël erzählen, da ich leider nicht dabei sein konnte. Als Assistenztrainer der U17-Nationalmannschaft war ich an diesem Tag an einem Länderspiel in Finnland im Einsatz. Das erste Drittel konnte ich noch im Fernsehen schauen. Danach hielt ich mich über einen Ticker auf dem Laufenden. Aber der Tag war natürlich auch für mich etwas Besonderes.

Joël: Die Mannschaft hat sich die ganze Woche auf das Finalspiel gefreut und alle waren wahrscheinlich auch etwas nervöser als sonst. Nicht nur wegen der Bedeutung des Spiels, sondern auch wegen der fast 6’000 Zuschauer. Umso wichtiger war es, dass wir die Vorbereitung so normal wie möglich gestalten, um die Nervosität nicht künstlich zu steigern. So haben wir uns beispielsweise auch nicht wie in den Vorjahren zum Essen getroffen, sondern jeder hat für sich zuhause gegessen. Aber sobald man dann auf dem Spielfeld steht, hat man sowieso keine Zeit mehr, um nervös zu sein. Da ist man 60 Minuten voll konzentriert.

Aber aufgrund des knappen Spielstands ist in den letzten Minuten wahrscheinlich dann doch etwas Nervosität aufgekommen?

Joël: Die letzten Minuten waren tatsächlich sehr aufregend. Aber wir haben einfach weitergemacht, einfach weitergespielt. Selbst als wir Chancen zur Entscheidung vergeben haben, haben wir nicht lange darüber nachgedacht, sondern sofort wieder nach vorne geschaut. Das ist genau das, was ich am Anfang gemeint hatte: Früher hätten wir eher gehadert oder mit unüberlegten Aktionen versucht, doch noch das Tor zu machen. Dieses Mal haben wir einfach unseren Matchplan bis zum Schluss durchgezogen – nicht mehr und nicht weniger. Das hat uns sehr viel Ruhe gegeben und am Ende auch den Erfolg gebracht.

Wie habt ihr den Erfolg gefeiert?

Joël: Nach dem gemeinsamen Abendessen waren wir zusammen im Ausgang. Aber das war längst nicht genug: Wir haben die ganze folgende Woche gemeinsam gefeiert. So sind wir dann auch zum Beispiel spontan mit dem Pokal ans Sächsiläuten gegangen und haben das Bad in der Menge genossen. Tatsächlich kamen viele Leute auf uns zu und haben gratuliert. Das war sehr schön. Und zum Abschluss ging die ganze Mannschaft geschlossen auf Mallorca. Das zeigt: Auch beim Feiern kommt unser grossartiger Teamspirit zum Tragen.

Konntest Du in Finnland auch etwas mitfeiern, Michael?

Michael: Als ich nach unserem U17-Match wieder im Hotelzimmer war, habe ich per Video-Call einen Einblick in das Geschehen in der Garderobe erhalten. Es war schön, die ausgelassene Stimmung mitzuerleben – wenigstens über den Bildschirm. Am Montag bin ich dann auch live mit der Mannschaft zusammengetroffen, konnte endlich persönlich gratulieren und ein bisschen mitfeiern.

Welches sind die wichtigsten Elemente, die den Erfolg ermöglicht haben?

Joël: Ein wichtiger Bestandteil ist, dass der Kern des Teams in den letzten Jahren zusammengeblieben ist und dass wir immer wieder Spieler aus den eigenen Junioren integrieren konnten. Aber auch das Umfeld ist enorm wichtig, um erfolgreich sein zu können: Der Betrieb wurde in den letzten Jahren Schritt für Schritt professioneller. Die meisten Spieler sind im Job etwas kürzergetreten, was uns erlaubte, früher zu trainieren als unsere Konkurrenten – einmal pro Woche sogar um 15 Uhr. Für die Erholung ist das ein enormer Vorteil.

Was hat der Vorstand zum Erfolg beigetragen?

Michael: Den Bärenanteil am Erfolg hat das Team und der Trainerstaff. Wir im Vorstand können einfach dafür sorgen, dass sich die Spieler um möglichst wenig kümmern müssen und sich aufs Unihockey konzentrieren können. Zudem bin ich überzeugt, dass wir mit unserer Strategie, keine Ausländer zu verpflichten, auf dem richtigen Weg sind. So können wir das Geld in einheimische Spieler investieren. Das motiviert sie nicht nur, sondern führt auch dazu, dass sie beispielsweise – wie Joël gesagt hat – im Job reduzieren und dafür früher am Tag trainieren können.

Joël: Es sind vielleicht nur kleine Dinge, die der Vorstand beitragen kann. In der Summe sind sie aber ebenfalls entscheidend. Für uns Spieler ist es wichtig, dass die Trainingszeiten früh bekannt sind, dass die Verträge früh geregelt sind und dass die einzelnen Spieler auch tatsächlich bekommen, was ihnen versprochen wird. Diesbezüglich hat gerade Michael sehr viel Ruhe hineingebracht. Alle sind zufrieden und wir Spieler können uns auf den Sport konzentrieren.

Was bedeutet der Erfolg für die Zukunft von GC Unihockey?

Joël: Im Moment ist es wohl für alle in Ordnung, eine Pause zu haben. Die Lust auf Unihockey wird aber sehr rasch zurückkommen. Insbesondere, weil wir uns in einem speziellen Jahr befinden. Einerseits nehmen wir als Meister am Champions-Cup teil und messen uns mit den Landesmeistern aus Schweden, Finnland und Tschechien, den besten europäischen Ligen. Andererseits findet im November die Weltmeisterschaft in der Schweiz statt. Auch aus unserem Team wollen natürlich viele Spieler mit guten Leistungen auf sich aufmerksam machen, um in der Nati dabei sein zu können.

Michael: Ich bin zuversichtlich, dass unser Team auch in den nächsten Jahren vorne mitmischen wird. Wir haben eine junge Mannschaft und der Kern dürfte zusammenbleiben. Ich glaube nicht, dass die soeben erlebten Emotionen genügsam machen – im Gegenteil: Diese Erlebnisse will man wiederholen. Das Team wird erfolgshungrig bleiben.


Maurice Desiderato