CHRISTIAN MAIER: DER NEUE TECHNISCHE LEITER HAT VIELE TRÜMPFE IM ÄRMEL
Einen Rückschlag in eine Chance umzumünzen – das ist Christian Maier gelungen. Seit er den Traum vom Profifussballer verletzungsbedingt aufgeben musste, kämpft er neben dem Rasen für einen erfolgreichen Nachwuchs. Seit rund einem Monat bringt er als neuer Technischer Leiter den Nachwuchs des GC Fussball auf Kurs.
Christian Maier hat alles auf eine Karte gesetzt: Fussball. Mit 20 Jahren stand er am Anfang einer vielversprechenden Fussballer-Karriere. Nach einer intensiven Ausbildung beim FC Bülach buhlten der FC Brüttisellen und der FC Winterthur, damals beide in der Nationalliga B, um ihn. Doch eine Knieverletzung machte Maier einen Strich durch die Rechnung. «Manchmal kommt schon Wehmut auf, wenn ich daran denke, was hätte sein können», erinnert sich der 58-Jährige an seine aktive Zeit. «Doch solche Gedanken lasse ich in der Regel schnell hinter mir, denn auch mein heutiger Job bereitet mir viel Freude.» Trotz Verletzung blieb er dem Fussball treu und wechselte auf die Seite des Trainers. Er besuchte Weiterbildungen an der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen, wurde SFV-Instruktor und erlangte die UEFA-A-Trainerlizenz. Seine Knieverletzung liess ihm jedoch selbst dann noch keine Ruhe, weshalb er sich entschied, zum «Gegenangriff» überzugehen: Nach verschiedenen weiteren Ausbildungen stand er schliesslich als Fitness- und Bewegungstrainer, als Athletiktrainer, Sportrehatrainer und Cardiospezialist im Einsatz. «Damit wollte ich einerseits meine Verletzungen therapieren und andererseits meine Schützlinge vor einem ähnlichen Schicksal bewahren», verrät Maier.
Schützlinge, die flügge wurden
2005 heuerte er in der Nachwuchsabteilung des FC St.Gallen an und stand dort vorerst als Trainer im Einsatz. «Mir war immer wichtig, den Spielern bei der Ausbildung zum Spitzensportler auch soziale Werte wie Anstand und Respekt zu vermitteln», berichtet Maier. «So lernen sie auch etwas fürs Leben, wenn es mit dem Spitzensport nicht klappen sollte.» Der dreifache Vater und vierfache Grossvater hat aber so manchen Spieler trainiert, der noch immer auf Erfolgskurs ist. So zum Beispiel Alessandro Kräuchi und Betim Fazliji, die momentan für den FC St.Gallen 1879 auflaufen, oder den heutigen Torwart von Borussia Dortmund, Marwin Hitz. Maier kennt die Erfolgsfaktoren: «Es braucht vor allem die Bereitschaft, Profi zu sein – mit allem, was dazugehört.» Nur wer wirklich bereit sei, dafür auch Abstriche zu machen, könne sich langfristig behaupten.
Auszeit vom Fussball
2015 verabschiedete sich Christian Maier vorübergehend vom Fussball. Sein Knie hatte sich noch immer nicht erholt. «Irgendwann wollte ich keine Operationen mehr und erst recht kein künstliches Kniegelenk», so Maier. Die Wendung brachte ein Vortrag zur Schmerztherapie von Liebscher und Bracht in Zürich. Maier fing Feuer, liess sich zum Schmerztherapeuten ausbilden und erweiterte damit sein Angebot als Bewegungstherapeut, mit dem der gebürtige Unterländer schon länger in der Praxis seiner Frau in Wil eigene Patienten therapierte. 2018 kehrte er zum Fussball zurück und übernahm die Leitung der Nachwuchsabteilung des FC St.Gallen. «Seither fehlt mir die Zeit für eigene Patienten», erklärt Maier. «Ich stehe meiner Frau jedoch hin und wieder mit Rat und Tat zur Seite.»
Neue Herausforderung
Als der Vertrag beim FC St.Gallen im vergangenen Sommer auslief, sehnte er sich nach einer neuen Herausforderung und fand diese beim Grasshopper Club. Als neuer Technischer Leiter Nachwuchs ist er nun zusammen mit dem Ausbildungschef Zoltan Kadar unter anderem verantwortlich für die Kaderplanung, den Einsatz von Trainer und Assistenten und die Spielerprofile. «Den grössten Teil meiner Arbeitszeit bin ich in Besprechungen», lacht er. Dabei werde die Kommunikation im Club grossgeschrieben: «Bei GC ist die Zusammenarbeit sehr intensiv und auf Augenhöhe. Egal ob Spieler, Sportchef oder Geschäftsführer, alle tauschen sich aus, nehmen Ideen auf und spinnen diese weiter.» Nun will er alles daransetzen, dass GC an seine früheren Erfolge anknüpfen kann. «GC soll auch im Nachwuchs wieder spitze sein», hält er fest.
Abseits des Fussballs
Auch ausserhalb des GC ist seine Expertenmeinung gefragt: So unterstützt er beispielsweise bei Länderspielen SRF-Fussball-Experte Beni Huggel beim Vorbereiten der Spielanalysen. Doch auch Maier braucht hin und wieder etwas Abstand vom Arbeitsalltag. Im Sommer geniesst er den Feierabend am liebsten im Garten. Und so manchen Winterabend verbringt er im Keller, wo sich eine eher unbekannte Leidenschaft von Maier verbirgt: «Meine Modelleisenbahn schafft es immer wieder, mich nach einem anstrengenden Tag herunterzuholen», schmunzelt er.
Pamela Schefer