GC INSIDER: Mike-David, Du hast in Deiner bisherigen Laufbahn bereits viel gesehen und erlebt. Nach Deinem Wirtschaftsstudium hast du den «FIFA Master in Management, Law and Humanities of Sport» absolviert und warst anschliessend unter anderem im House of Switzerland in Pyeongchang, beim Serie-B-Verein Carrarese Calcio und bei der European Club Association engagiert. Was waren bisher die prägendsten Stationen?
Mike-David Burkhard: Es waren weniger die Stationen und Positionen, die mich fasziniert und viel gelehrt haben; sondern vielmehr die Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Gerade im Fussballbusiness durfte ich mit zahlreichen spannenden Persönlichkeiten zusammenarbeiten. Bestes Beispiel ist Gianluigi Buffon, der mir beim damaligen Serie-C-Verein Carrarese Calcio die Chance gegeben hat, in die Fussballwelt einzusteigen und mich zu beweisen. Die Tatsache, dass Gigi sich während fast 30 Jahren als einer der besten Torhüter der Welt behaupten konnte, zeigt, wie professionell er arbeitet. Gleichzeitig ist er ein unglaublicher, natürlicher Leader – nicht nur auf dem Fussballplatz.
Zuletzt warst Du bei der European Cub Association (ECA) engagiert, die die Interessen der grossen europäischen Fussballclubs vertritt. Nun hast Du zurück an die Basis zu einem Klub gewechselt. Warum?
Bei meiner Rolle in der ECA lernte ich den Klubfussball aus einer politischen Sicht kennen, was enorm spannend ist. Ich wollte aber zurück zum Spiel, zum Alltagsgeschäft, wo ich meine unternehmerische Seite einbringen kann. Die Klubs sind die wichtigsten Stakeholder des ganzen Fussballgeschäfts; sie sind die Unternehmer, die das gesamte Risiko tragen und mit ihrem täglichen Engagement Erfolg erarbeiten. Diese Aufgabe fasziniert mich.
Und warum GC?
Ich habe ein blau-weisses Herz. GC ist der Club meiner Jugend. Ich bin in Zürich aufgewachsen und habe die Zeiten, als Ricci Cabanas, Richard Nuñez, Chapuisat oder auch die Yakin-Brüder im Hardturm aufliefen, noch in bester Erinnerung. Ich habe den Verein auch während meiner Zeit im Ausland immer verfolgt. Leider lief es während vieler Jahre nicht so, wie wir uns das alle erwünscht hätten.
Fiel Dir der Entscheid, zu wechseln, einfach?
Zu Beginn der Gespräche mit dem LAFC musste ich mir zwar schon überlegen, ob das für mich der richtige Schritt ist. Bald war für mich dann aber klar, dass ich bei diesem Projekt unbedingt dabei sein und diese Herausforderung auf jeden Fall annehmen will – auch wenn damals noch nicht klar war, ob GC den Ligaerhalt schafft.
Was hat Dich überzeugt?
Das Projekt und die Menschen.
GC hat viel Arbeit vor sich. In den nächsten Jahren wird es darum gehen, Stabilität in den Verein zu bringen und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Das ist eine herausfordernde Aufgabe, bei der wir mit dem LAFC aber einen erfahrenen und kompetenten Partner an unserer Seite haben.
Zudem haben wir ein super Team und gerade im sportlichen Bereich Persönlichkeiten mit grossen Qualitäten: Harald Gärtner und Stephan Schwarz sind absolute Topleute. Auch unsere Präsidentin Stacy Johns bringt viel Erfahrung und Know-how mit, wovon wir enorm profitieren.
Dieses Gesamtpaket gefällt mir, weil ich viele Chancen sehe und meinen Beitrag zum Erfolg leisten will.
In den Medien wird immer wieder thematisiert, dass GC keinen CEO hat. Wie funktioniert das?
Das funktioniert sehr gut. Mit Roland Gebhard, Stephan Schwarz und mir haben wir drei Geschäftsleitungsmitglieder, die alle ihren eigenen Bereich verantworten. Wir haben wöchentliche Sitzungen, bei denen auch die Präsidentin immer mit dabei ist. Gleichzeitig haben wir eine sehr schlanke, übersichtliche Organisation mit flachen Hierarchien. Wichtig ist dabei, dass immer das Wohl des Clubs im Zentrum steht. Dafür braucht es Integrität, einen klaren Teamgedanken und auch eine gewisse Ruhe – dies leben wir sehr stark.
Als Leiter Kommerz bist Du auch verantwortlich für das Sponsoring. Seit einigen Jahren hat GC keinen Hauptsponsor mehr. Woran liegt das?
Ich erlebe in vielen Gesprächen, dass die Marke «GC» als etwas «verstaubt» wahrgenommen wird. Sie hat in den letzten Jahren an Strahlkraft verloren. Dies hat sicherlich zu grossen Teilen mit dem ausbleibenden Erfolg der Fussballsektion zu tun. Dazu kommt, dass der Schweizer Fussball oft mit Fangewalt in Verbindung gebracht wird. Dies macht es natürlich schwierig, Partner zu finden. Und schliesslich haben wir in der Stadt Zürich zwei Fussballclubs in der obersten Liga. Viele Firmen wollen sich nicht auf eine Seite schlagen, weil sie Angst haben, Kunden zu vergraulen.
Siehst Du trotzdem Chancen für GC?
Auf jeden Fall! Es ist nämlich nicht gerechtfertigt, zu behaupten, die Marke hätte stark an Wert verloren. Wir sind der grösste polysportive Verein der Schweiz mit über 5000 Mitgliedern. GC war der erste Fussballclub der Stadt Zürich und einer der ersten der Schweiz. Das Grasshopper Logo ist weltweit einmalig. Und vermutlich ist GC welt- und europaweit gesehen einer der bekanntesten – wenn nicht gar der bekannteste – Brand des Schweizer Fussballs. Das sind alles unglaublich starke Alleinstellungsmerkmale und Verkaufsargumente.
Gleichzeitig unterschätzen viele Leute den Wert, den die Logopräsenz auf dem Shirt eines Super League Vereins hat. Aufgrund unserer Medienpräsenz gibt es für einen Brand, der in der Schweiz in kurzer Zeit grosse Bekanntheit erreichen will, wohl kaum eine effizientere Massnahme.
Ausserdem befinden wir uns gerade in einer einmaligen Situation: Wer an unsere Vision glaubt und jetzt bei GC einsteigt, hat bei Gelingen die Chance, Teil einer einzigartigen Erfolgsgeschichte zu werden.
Wie gehst Du vor, um die richtigen Sponsoring-Partner zu finden?
Dabei geht es sehr stark um den Aufbau und die Pflege von Kontakten. Aber Sponsoring steht ja nicht allein. Es hängt alles zusammen: Sponsoring, Unterstützung durch die Fans, Goodwill innerhalb des Gesamtvereins, Anerkennung durch die Bevölkerung, sportlicher Erfolg… Deshalb müssen wir auf allen Ebenen daran arbeiten, wieder erfolgreich zu werden.
Dies ist eine langfristige Aufgabe und beginnt mit kleinen Schritten – vor allem damit, Stabilität zu schaffen, Kontakte wieder aufleben zu lassen und zu pflegen. Beispielsweise haben wir für die Fans neue Formate geschaffen, um mit uns in Kontakt zu kommen und um sich aus erster Hand zu informieren. Wir wollen wieder stärker in einen offenen und ehrlichen Dialog mit der Stadt Zürich kommen. Wir suchen engeren Kontakt zu den Sportjournalisten und halten unsere Medienveranstaltungen wieder öfter in der Stadt Zürich ab. Und wir wollen enger mit den anderen GC Sektionen zusammenarbeiten, Synergien nutzen und gemeinsam etwas erreichen.
Wie weit seid Ihr auf diesem Weg?
All das braucht Zeit. Wir stehen ganz am Anfang. Aber was ich sagen kann, ist, dass wir einen unglaublich tollen Club haben. Wir versuchen ehrlich und nüchtern zu analysieren, wo wir stehen und was sich ändern muss. Anschliessend müssen wir die Dinge, die wir anstossen, mit Überzeugung und gut umsetzen. Dass es in diesem Prozess auch Kritik geben wird, ist klar – auch damit müssen wir umgehen können. Entscheidend wird sein, dass wir auch in solchen Situationen verlässlich bleiben und ehrlich, transparent und offen kommunizieren. So werden wir den Club wieder stärker etablieren und auch wieder mehr Wertschätzung erhalten. Und dann wird auch der sportliche Erfolg zurückkommen.
Interview: Maurice Desiderato