GC INSIDER: Wann wurde Deine Leidenschaft für Rugby entfacht?
Josh Bjornson: Ich bin in einem kleinen Dorf im Norden von Vancouver, Kanada aufgewachsen und habe dort als kleiner Junge mit meinem Vater zum ersten Mal ein Rugby-Spiel erlebt. Ich habe das Spiel damals nicht wirklich verstanden, fand es aber lustig, dass sich alle Spieler aufeinander werfen. Erst als ich in der Highschool einen Rugby-Kurs belegte, habe ich mich in diesen Sport verliebt. Rugby gefällt mir, weil dieser Sport physisch sehr stark fordert, und man sich auf dem Spielfeld nicht verstecken kann. Jeder muss seinen Teil zum Erfolg beitragen.
Was hat Dich in die Schweiz verschlagen?
Während meines Computing Science Studiums an der Simon Fraser Universität in Vancouver machte ich ein Praktikum bei einem internationalen Unternehmen. Dabei bot sich die Gelegenheit, für einige Monate im Ausland zu arbeiten. Eigentlich hatte ich nie vor, auszuwandern, doch nach dem Tod meines Vaters brauchte ich einen Tapetenwechsel. Also bin ich 1998 in die Schweiz gekommen und schliesslich hiergeblieben. Ich habe hier erstmals allein, ohne Familie gelebt und konnte zu mir selbst finden. Es war eine gute Entscheidung.
Dem Rugby bist Du auch nach Deinem Umzug in die Schweiz treu geblieben, obwohl dieser Sport hier nicht so populär ist wie in Kanada. War das nicht etwas frustrierend?
Das Level ist hier zwar nicht so hoch wie in Kanada, aber die Community hat mir gleich zugesagt. Ich habe mich gerade heute mit Freunden getroffen, die ich seit meiner ersten Saison bei GC Rugby kenne. Das sagt doch eigentlich schon alles. Ich habe hier tolle Menschen kennengelernt. Ich glaube, GC Rugby ist schuld daran, dass ich in der Schweiz geblieben bin.
Stehst Du immer noch selbst auf dem Spielfeld?
Ich musste vor zwei Jahren aus Verletzungsgründen pausieren, habe aber fest vor, bald wieder in unser Spass-Team einzusteigen. Ich kann es kaum erwarten, wieder an Wettkämpfen teilzunehmen.
Was waren Deine Highlights in Deiner aktiven Zeit?
Da gab es viele. 2001 gingen wir mit GC Rugby beispielsweise auf eine Tour durch Brasilien, wo wir zum Abschluss gegen das Brasilianische Nationalteam antraten und nur um zwei Punkte verloren haben. Wir hatten viel Spass dabei, waren aber auch sehr fokussiert darauf, gutes Rugby zu spielen. Zudem durfte ich mit dem Nationalteam die Schweiz repräsentieren. Bei den letzten vier Spielen war ich Captain, das war eine tolle Erfahrung.
2015, nach dem ersten Schweizermeistertitel für GC Rugby, bist Du Präsident geworden. Wie kam es dazu?
Dieser Schweizermeistertitel hat uns sehr viel bedeutet, obwohl ich selbst damals aufgrund einer Verletzung an der Schulter nicht spielen konnte. Doch obwohl wir so erfolgreich waren wie noch nie, lag in unserer Sektion vieles im Argen. Der Vorstand brauchte jemanden, der den Club wieder auf Kurs bringt. Auf Drängen von Freunden hin, und weil mich das Amt sehr gereizt hat, habe ich mich schliesslich als Präsident zur Verfügung gestellt. Innerhalb einer Saison gelang es uns schliesslich, wieder die nötige Stabilität in die Sektion zu bringen.
Was konntest Du in Deiner Zeit als Präsident sonst noch alles bewegen?
Wir haben die Kommunikation innerhalb des Clubs gefördert, indem wir einen Newsletter für die Mitglieder und die Unterstützer ins Leben gerufen haben. Zudem haben wir damit begonnen, die Spiele zu filmen und haben interessante Sponsoren ins Boot geholt. Dabei hat es geholfen, dass ich bis vor zwei Jahren selbst als Spieler aktiv war. So habe ich an der Basis miterlebt, was der Club brauchte.
Im vergangenen Juni hast Du das Präsidentenamt abgegeben. Weshalb?
Die Belastung im Job ist immer mehr gestiegen und ich bin mit meiner Familie umgezogen. Hinzu kam, dass ich nicht gut delegieren kann und immer mehr Aufgaben selbst erledigt habe. Deshalb ist mir irgendwann alles über den Kopf gewachsen. Es war an der Zeit, das Amt an die nächste Generation weiterzugeben. Ich unterstütze den Vorstand aber weiterhin.
Nach der vergangenen Saison gab es bei GC Rugby einige Abgänge, auch der Trainer der 1. Mannschaft kehrte nach Neuseeland zurück. Wie füllt Ihr solche Lücken?
Bei den Spielern gibt es immer wieder Talente, die nachrücken können. Trainer zu finden, ist hingegen schwierig. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder versucht, unsere Spieler für Coaching-Kurse der Swiss Rugby Federation zu motivieren. Allerdings sind sie als Spieler häufig ausgelastet. Letzte Saison haben Senior-Spieler das Amt des Trainers übernommen sowie Blane Wilson, der aufgrund einer Verletzung nicht spielen konnte. Er ist seit dieser Saison Head-Coach.
GC Rugby engagiert sich regelmässig für die Krebsliga Zürich. Zudem trinken nach einem Match beide Mannschaften zusammen ein Bier. Ist GC Rugby sozialer als andere Sportarten?
Das ist tatsächlich so. Vielleicht ist das darauf zurückzuführen, dass wir auf dem Spielfeld hart gegeneinander kämpfen und dabei alles rauslassen, so dass wir nach dem Spiel keinen Grund haben, auf den Gegner wütend zu sein. Wir lassen alle negativen Emotionen auf dem Spielfeld und feiern gemeinsam, dass wir den Kampf überstanden haben. Auf unser Engagement für die Krebsliga Zürich bin ich sehr stolz. Es geht im Rugby nicht nur um Wettkämpfe und ums Gewinnen, sondern auch um soziale Verantwortung. Es freut mich, dass wir einen kleinen Beitrag zu einer besseren Welt leisten können.
Welche Herausforderungen stehen in den nächsten Jahren an?
Die Suche nach geeigneten Trainern wird uns auch in den nächsten Jahren beschäftigen. Zudem haben wir Ambitionen, professioneller zu werden. Das heisst, wir wollen stärker auf Videoanalyse setzen und den Spielern individuelle Ratschläge geben können. Und wir wollen die Trainer und die Spieler entschädigen können. Momentan sind wir zwar noch weit davon entfernt und es ist nicht einfach, das als Randsportart zu bewerkstelligen. Aber wo ein Wille ist, ist in der Regel auch ein Weg.
Pamela Schefer