Count
HISTORISCHE SPORTSCHÄTZE IM ZÜRCHER OBERDORF
Foto: GC INSIDER

HISTORISCHE SPORTSCHÄTZE IM ZÜRCHER OBERDORF

Seit 2001 betreibt Gregory Germond an der Frankengasse im Zürcher Oberdorf ein einzigartiges Sportantiquariat. Was mit einigen Bananenkisten voller alter Sportartikel begann, zieht heute Sammler aus der ganzen Welt an. Auch Fundstücke des Grasshopper Club Zürich sind immer wieder zu ergattern.

Der eidgenössisch diplomierte Buchhändler Gregory Germond arbeitete in den 1990er-Jahren in einem Antiquariat, wo er hauptsächlich Verkaufskataloge erstellte. Die Gespräche mit Sportsammlern fesselten in dieser Zeit am allermeisten: «Dabei handelte es sich nämlich nicht um Akademiker oder ‹Freaks›, sondern um ganz normale Menschen, die sich für Sport begeisterten», erinnert sich Germond. Diese Begegnungen, seine Leidenschaft für Sport und der Wunsch, sein eigener Chef zu werden, führten ihn zur Entscheidung, etwas Eigenes aufzubauen. Mit einem Darlehen von 5000 Franken kaufte er Regale und Einrichtung und eröffnete an der Frankengasse 6 ein Sportantiquariat.

Zugang zu einer eigenen Welt

Zu Beginn fühlte er sich als «Goldgräber», der sich auf eine einsame Jagd nach Raritäten machte. Er durchkämmte Brockenhäuser und Flohmärkte in der ganzen Schweiz, von Genf bis Romanshorn. Einmal fuhr er morgens mit dem TGV nach Paris, um Kisten voller Sportgeschichte zu durchwühlen – und kehrte noch am selben Abend wieder zurück. Er erwarb in Hamburg-Altona den Nachlass eines Sportjournalisten, inspizierte Nachlässe von Verstorbenen und inserierte in Publikationen, die von älteren Herren gelesen wurden, bei denen er die grössten Funde von sporthistorischem Wert vermutete.

Seither ist er tief in das Milieu eingetaucht, hat sich eine ganze Welt erschlossen. Man kennt sich. Dabei ist die Szene so gross wie vielfältig. Die einen sammeln Trikots, Bälle oder Anstecknadeln, andere suchen alles von einem bestimmten Klub oder einer bestimmten Sportart zusammen und wiederum andere kaufen sich aus purer Nostalgie einzelne Stücke.

Nicht sammeln, verkaufen

In den vergangenen 24 Jahren sind Unmengen an Sammlerstücken durch Germonds Hände gegangen. Lieblingsstücke könne er allerdings nicht nennen – die gäbe es nicht. Die Gegenstände kommen und gehen. «Historisch wertvolle Artikel begeistern mich», erzählt er mit strahlenden Augen. «Aber ich kaufe sie schliesslich nicht, um sie zu besitzen oder gar zu sammeln – sondern, um sie wiederzuverkaufen. Ich muss meinen Unterhalt verdienen. Das Sammeln ist der Ruin jedes Antiquars – das ist schon vielen zum Verhängnis geworden.» Früher oder später kann er fast alles verkaufen, auch wenn es natürlich auch bei ihm Ladenhüter gibt.

Blau-weisse Raritäten

Aufgrund der reichen Geschichte des Grasshopper Club Zürich ist es naheliegend, dass Germond auch immer wieder in Besitz von Gegenständen kommt, die in Verbindung zum Grasshopper Club Zürich stehen. Besonders gut kann er sich an eine komplette Landhockey-Ausrüstung aus den 1940er-Jahren erinnern, die aus einem Filztrikot, Hosen, Schurwollstulpen und einem Holzschläger bestand. Verkauft hat er die Bestandteile einzeln – nur die Socken, die müssten noch irgendwo herumliegen, meint er.

Einmal konnte er Foto-Glasplatten erwerben, die Aufnahmen von Fussballspielen des GC zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigten. Und zu Beginn seiner Tätigkeit wurden ihm Fotoalben angeboten, die aus einem Nachlass von Fussballer Willy Huber stammten, der in den 1930er- und 1940er-Jahren für den GC und die Nationalmannschaft im Tor stand. «Zu Beginn meiner Tätigkeit konnte ich den Wert dieser Alben noch nicht richtig abschätzen», erklärt Germond. «Heute würde ich viel weiter gehen, um in den Besitz dieser absoluten Rarität zu kommen.»

 

Maurice Desiderato

  • Der Ladenhüter der Ladenhüter: Der in Fraktur geschriebene Sportroman «Der Läufer von Marathon» (1928) steht seit 24 Jahren in den Gestellen des Sportantiquariats. Mit der Nummer 1 ist er der erste Artikel, den Germond 2001 in seinem Online-Katalog erfasst hat. Foto: zVg